HINTERGRUND

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ver.di fordert

einen bundeweiten Rahmentarifvertrag für alle ver.di-Mitglieder, für deren Arbeitsverhältnis ein Spartentarifvertrag Nahverkehr (TV-N) gild, mit folgenden Inhalten:

Arbeitszeit

  • 30 Tage Urlaub bezogen auf 5-Tagewoche und weitere individuelle Entlastungstage

Neue Überstundenregelung

  • Insbesondere Verkürzung des Ausgleichszeitraums auf 14 Tage
  • Keine Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten
  • Fahrzeugverspätungen sind ab der 1. Minute vergütete Arbeitszeit

Nachwuchsförderung

  • Verpflichtende Anrechnung der Ausbildungszeit im Betrieb / Unternehmen oder Konzern als Beschäftigungs- und Tätigkeitszeit

Sonderzahlungen

  • 100% Sonderzahlung, keine Reduzierung für Fehlzeiten

Zuschläge und Zulagen

  • Berechnung aller Zuschläge auf individueller Stufe
  • Schicht- und Wechselschichtzulagen auch im Fahrdienst
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Auswirkungen auf Arbeitsbedingungen

Durch den Personalabbau und Flexibilisierungen der Arbeitszeitregelungen haben ArbeitsverdichtungBelastung und Stress in den öffentlichen Nahverkehrsunternehmen zugenommen. Betroffen sind alle Bereiche: Verwaltung und Service, Werkstätten, Infrastruktur und in besonderem Maße der Fahrdienst.

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Belastungen im Fahrdienst

Belastungen im Fahrdienst

Die Fahrer*innen von Bussen, U-Bahnen und Straßenbahnen sehen sich aufgrund des Schichtdienstes und der Abhängigkeit von den Fahrplänen besonderen Belastungen gegenüber. Ihre Arbeitszeiten richten sich nach den Zeiten zu denen öffentlicher Nahverkehr angeboten wird, sie sind je nach Verkehrsgebiet an 24 Stunden an allen 7 Wochentagen im Einsatz.

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Belastungen in Werkstätten, Instandhaltung und Verwaltung

Belastungen in Werkstätten, Instandhaltung und Verwaltung

Arbeitszeit VergleichDer Personalabbau bei gleichzeitigem Anstieg des Arbeitsumfangs durch Ausweitung des Verkehrs und höhere Fahrgastzahlen führt auch in den Bereichen Werkstatt, Infrastruktur, Verwaltung und Service zu erhöhten Belastungen. Im Rahmen der Sonderauswertung des DGB-Index Gute Arbeit für den Nahverkehr in 2014 gaben 40 Prozent der Beschäftigten in Werkstätten und Instandhaltung an, regelmäßig wöchentlich bis zu vier Stunden über ihre vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu arbeiten. Fünf bis neun Stunden mehr arbeiten 16 Prozent, weitere vier Prozent sogar über neun Stunden mehr. In der Verwaltung arbeiten 45 Prozent der Beschäftigten regelmäßig bis zu vier Stunden mehr und 15 Prozent zwischen fünf und neun Stunden mehr. Damit fallen bei 60 Prozent der Beschäftigten regelmäßig Überstunden an. Über zwei Drittel der Fahrdienstbeschäftigten gaben an, sich bei der Arbeit oft oder sehr häufig gehetzt zu fühlen oder unter Zeitdruck zu stehen. Aber auch die Hälfte der Beschäftigten in Werkstätten und Instandhaltung sowie den Verwaltungen gab an sich bei der Arbeit oft oder sehr häufig gehetzt zu fühlen oder unter Zeitdruck zu stehen.

Die Belastungen führen inzwischen dazu, dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit reduzieren wollen, selbst wenn sie dadurch weniger verdienen.

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Alternative Antriebe und Digitalisierung

Zur Arbeitsverdichtung in diesen Bereichen tragen auch die wachsende Zahl verschiedener Fahrzeuge und alternativer Antriebe in den Werkstätten sowie umfangreichere Serviceanforderungen in den Verwaltungen bei. Die Digitalisierung hat auch in den Verkehrsunternehmen bislang nicht in nennenswertem Umfang zur Entlastung beigetragen, vielmehr sind hier wie auch in anderen Branchen die Anforderungen und der Arbeitsumfang angestiegen.

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Hohe Krankenstände

Arbeitsbelastung und Stress begünstigen bei Bus und Straßenbahnfahrern verschiedene Erkrankungen.

Dazu gehören besonders Muskel-Skelett-Erkrankungen durch die monotone Körperhaltung sowie psychische Erkrankungen, Schlafstörungen, Diabetes und Störungen des Blasen-, Magen- und Darmbereich durch Stress und unzureichende Möglichkeiten zum Toilettengang und die schichtbedingte unregelmäßige Ernährung.

Laut dem Gesundheitsreport der Barmer Krankenkasse betrug der Krankenstand bei Bus- und Straßenbahnfahrern 9,1% im Jahr 2018. Mit im Schnitt 33,2 Arbeitsunfähigkeitstagen im Jahr 2017 führte diese Berufsgruppe die Liste der Berufe mit den meisten Fehltagen an.

Das WDR Verbrauchermagazin Markt fragte im Oktober 2018 öffentliche Nahverkehrsunternehmen in Nordrhein-Westfalen nach dem Krankenstand. Von den befragten haben 19 ihren Krankenstand im vergangenen Jahr angegeben, bei 15 lag der Krankenstand bei durchschnittlich mehr als zehn Prozent.

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Fachkräftebedarf, aber Probleme bei der Personalgewinnung

Vor allem bedingt durch den langjährigen Einstellungsstopp ist der Altersdurchschnitt in der Branche mit 49 Jahren hoch. Will man nur den Status quo aufrechterhalten, müssen laut Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), der die Nahverkehrsunternehmen in öffentlicher Eigentümerschaft vertritt, bis 2030 fast die Hälfte der Stellen wiederbesetzt werden.

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Folgen für Fahrgäste

Auch die Fahrgäste bekommen die Folgen des Personalmangels und der belastenden Arbeitsbedingungen zu spüren. Personalmangel und hohe Krankenstände führen inzwischen immer häufiger zu Fahrtausfällen, teilweise fallen ganze Linien aus. Nur ausgeruhtes, zufriedenes Personal kann immer freundlich und zuverlässig sein, fahrgastfreundlich fahren und dem Verkehrsgeschehen aufmerksam folgen. Überdies kann es zu Problemen durch den Einsatz ortsfremder Fahrer und hohe Fluktuation beim Personal kommen.

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Lösungen – Die ver.di-Kampagne #tvn2020

Die Beschäftigten im öffentlichen Nahverkehr benötigen deutliche Entlastungen und bessere Bezahlung der unvermeidbaren Belastungen. Für die Reduzierung der Überstunden und Arbeitshetze sowie für attraktivere Arbeitszeitgestaltung muss mehr Personal eingestellt werden. Die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung müssen attraktiver werden.

ver.di ist überzeugt, dass die Beschäftigten selbst die Experten für ihre Arbeitsbedingungen sind. ver.di hat die Kampagne #tvn2020 gestartet. Diese Kampagne haben wir mit einer breiten Diskussion über attraktivere Arbeitsbedingungen, in allen kommunalen Nahverkehrsunternehmen begonnen. Die Ergebnisse dieser Diskussionen werden unsere Forderungen in der Tarifrunde im Jahr 2020 sein. ver.di wird zum 30. Juni 2020 alle Manteltarifverträge der kommunalen Unternehmen kündigen und damit bundesweit in die Tarifauseinandersetzung um bessere Arbeitsbedingungen gehen.

Die aktuelle Situation zeigt, dass der Sparzwang zu weit getrieben wurde, die Verkehrsunternehmen sind zunehmend weniger in der Lage den reibungslosen Betrieb aufrecht zu erhalten, geschweige denn Anforderungen zum Ausbau des Nahverkehrsangebots zu erfüllen. In Zeiten des drohenden Klimawandels und in vielen Ballungsräumen weiter anwachsenden Verkehrs ist dies besonders dramatisch.

Vor diesem Hintergrund müssen die Kommunen nicht nur in neue Anlagen, Fahrzeuge oder Elektromobilität, sondern vor allen ins Personal investieren. Die Nahverkehrsunternehmen benötigen deutlich mehr finanzielle Mittel. Viele Kommunen können dies alles nicht allein stemmen, daher müssen Länder und Bund unterstützen. Um die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs auf wirklich solide Füße zu stellen, müssen außerdem die Nutznießer beteiligt werden. Ein großer Teil der Fahrgäste sind Berufspendler und Kunden, daher sollte eine Unternehmensabgabe für den Nahverkehr eingeführt werden, wie es sie seit Jahrzehnten schon in Frankreich gibt.

Quellenangaben

Anzahl Fahrgäste, Beschäftigte, Kostendeckungsgrad: Jährliche Statistik Verband Deutscher Verkehrsunternehmen 1998-2017 https://www.vdv.de/statistik-jahresbericht.aspx, eigene Berechnungen;

Altersstruktur: VDV  – Personalbedarf und Arbeitsmärkte der Verkehrsunternehmen 2014

Forschungsteam internationaler Arbeitsmarkt (FIA) GmbH 2014: DGB-Index Gute Arbeit, Sondererhebung im öffentlichen Nahverkehr
Hochschule Fresenius 2018: „Da vorne sitzt ein Mensch“ Studie zu Image und Bedeutung von Busfahrern 

DGB-Index Gute Arbeit, Report 2016 – Schwerpunkt: Digitalisierung der Arbeitswelt, Sonderauswertung Verkehr

Barmer Krankenkasse, Barmer Gesundheitsreport 2018

WDR Markt 18.10.2018: Krankenstand Bus- und Bahnfahrer un NRW

VDV „Personal- und Fachkräftebedarf im ÖPNV“ 2019

Internetportal Bustreff

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